Allgemeinverfügung des Landratsamtes Ebersberg zur Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen in einem festgelegten Gebiet zu präventiven Zwecken nach der Verordnung (EU) 2016/429 zu Tierseuchen („Tiergesundheitsrecht“)

i. V. m. der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung), dem Tiergesundheitsgesetz und dem Gesetz über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz) im Landkreis Ebersberg

Aufgrund des Art. 70 Abs. 1 Buchst. b) i. V. m. Abs. 2 i. V. m. Art. 55 Abs. 1 Buchst. c) VO (EU) 2016/429 i. V. m. § 6 Abs. 2 der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1665), Art. 70 Abs. 1 Buchst. b) i. V. m. Abs. 2 i. V. m. Art. 55 Abs. 1 Buchst. c) VO (EU) 2016/429 i. V. m. § 4 der Viehverkehrsverordnung (ViehVerkV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 2020 (BGBl. I S. 1170) i. V. m. § 7 Abs. 6 der Geflügelpest-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1665), Art. 70 Abs. 1 Buchst. b) i. V. m. Abs. 2 i. V. m. Art. 55 Abs. 1 Buchst. c) VO (EU) 2016/429 i. V. m Art. 6 und Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz – LStVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1982 (BayRS II S. 241) BayRS 2011-2-I (Art. 1–62), das zuletzt durch § 2 des Gesetzes vom 27. April 2020 (GVBl. S. 236) geändert worden ist, ergeht für das gesamte Gebiet des Landkreises Ebersberg folgende:

Allgemeinverfügung:

1.    Die Nr. 2 der Allgemeinverfügung vom 23.11.2022 wird aufgehoben.
2.    Kosten werden nicht erhoben.
3.    Die Allgemeinverfügung gilt am Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben. 


Gründe:

I. Der Anordnung des Landratsamtes Ebersberg liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Seit Jahresbeginn gab es in Bayern 15 Geflügelpestausbrüche in Geflügelhaltungen (insgesamt 197 Ausbrüche bei gehaltenen Vögeln in Deutschland) und 205 Nachweise von HPAIV (hochpathogene aviäre Influenza-Viren) beim Wildvogel (insgesamt 891 in Deutschland). Nach einer zwischenzeitlich rückläufigen Entwicklung der HPAI-Fallzahlen bei Wildvögeln wurden in den letzten Wochen in Bayern wieder eine Reihe von HPAI-Fällen bei Wildvögeln nachgewiesen, in mehreren Landkreisen zum ersten Mal in dieser Saison. Zuletzt zeigte sich eine Zunahme von HPAI-Infektionen bei Möwen. U. a. kam es hier zu folgenschweren Infektionsgeschehen in lokalen Kolonien mit Hunderten von verendeten Vögeln. Es wurden vermehrt und z. T. massenhaft verendete Möwen im Umkreis von Brutstätten an Seen und Flussufern in verschiedenen Landkreisen geborgen. Laut Risikobewertung des FLI vom 10.05.2023 sind derzeit ca. 70 Prozent der HPAI-Fälle in Europa auf Möwenvögel zurückzuführen.

Welche Rolle die HPAI in den Möwenpopulationen an Binnengewässern für die weitere Entwicklung der Seuchenlage spielen wird, ist noch nicht absehbar.
Die Zahl der HPAI-Ausbrüche bei gehaltenen Vögeln in Deutschland ist derzeit rückläufig; im Mai waren es insgesamt nur 2 Fälle, einer davon in Bayern. Nach mehr als zwei Monaten ohne Seuchenausbruch wurde am 24.05.23 die Geflügelpest in einer Haltung mit ca. 60.000 Tieren im Landkreis Regensburg festgestellt.

Bei Wildvögeln wurden im Mai bundesweit 193 Ausbruchsfälle registriert (59 in Bayern). Die betroffene hohe Tierzahl der lokal verendeten Möwen ist dabei nicht abgebildet. In seiner aktuellen Risikobewertung stuft das FLI das Risiko von HPAIV H5-Einträgen in deutsche Geflügelhaltungen und Vogelbestände in zoologischen Einrichtungen durch direkte und indirekte Kontakte zu Wildvögeln weiter als hoch ein, unter anderem da vor allem Lachmöwen zu allen Jahreszeiten auch im Binnen-land anzutreffen sind und sich ihre Lebensräume mit Geflügelproduktionsgebieten überschneiden. Steigende Außentemperaturen und stärkere UV-Strahlung können aber zu einer beschleunigten Inaktivierung von Influenzaviren beitragen. 

Aufgrund der nach wie vor auftretenden HPAI-Infektionen bei Wildvögeln sowie des lokalen Massen-sterbens bei Möwen muss auch in Bayern für den Eintrag von HPAI in Geflügelhaltungen durch den Kontakt mit Wildvögeln noch von einem hohen Risiko ausgegangen werden. Insbesondere die Nähe zu koloniebrütenden Vögeln wie Möwen birgt aktuell ein erhöhtes Risiko zur Einschleppung von HPAI.

Wegen der derzeit noch angespannten HPAI-Lage wird in Bayern auch im Hinblick auf die Abgabe von Lebendgeflügel im Reisegewerbe noch von einem erhöhten Risiko ausgegangen. Entsprechende Vorsichtsmaßnahmen sind hier weiterhin geboten.

Mit dem Sommeranfang und weiter steigenden Temperaturen ist zwar auf eine Entspannung der Seuchenlage zu hoffen, jedoch steht zu befürchten, dass HPAIV auch über den Sommer hinweg durchgehend in der bayerischen Wildvogelpopulation zirkulieren werden. Hierauf müssen sich Tierhalter einstellen.

Für einen Schutz der Haus- und Nutzgeflügelbestände vor einem HPAIV-Eintrag ist die Einhaltung der bekannten Präventions- und Biosicherheitsmaßnahmen durch die Tierhalter weiterhin entscheidend. Diese Maßnahmen sind gesetzlich vorgeschrieben und sollten regelmäßig überprüft und ggf. angepasst werden. Dies gilt besonders für Geflügelhaltungen mit Auslauf und für Freilandhaltungen, bei denen direkte Kontaktmöglichkeiten des Haus- und Nutzgeflügels zu Wildvögeln bestehen. 

Aufgrund der dargestellten HPAI-Situation in Bayern wird nach wie vor die Notwendigkeit gesehen, dass auch kleinere Geflügelhaltungen weiter die bekannten erhöhten Biosicherheitsmaßnahmen zum Schutz des Geflügels umsetzen.

Tierhalter sind weiter aufgefordert, auf mögliche Erkran-kungen beim Geflügel und gehaltenen Vögeln zu achten und bei Auffälligkeiten in jedem Fall einen Tierarzt hin-zuzuziehen. Bei Vorliegen erhöhter Tierverluste oder deutlicher Leistungseinbußen im Bestand sind gemäß Geflügelpestschutzverordnung Untersuchungen zum Ausschluss der Geflügelpest einzuleiten oder im Falle eines Seuchenverdachts die zuständige Behörde zu informieren.


II. Die Anordnung des Landratsamtes Ebersberg stützt sich auf folgende Rechtsgrundlagen:

Das Landratsamt Ebersberg ist gemäß Art. 2 Abs. 2 GVVG, sachlich und gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) örtlich zuständig.

Nach Risikoeinschätzung des FLI wird auch für Bayern von einem moderaten Eintragsrisiko durch Geflügelausstellungen ausgegangen, wobei in diesem Bereich des Tierverkehrs ebenso mit großer Vorsicht vorgegangen werden muss. Aus diesem Grund wurde das Verbot für Geflügelausstellungen aufgehoben.


III. Die Kostenentscheidung in Nr. 2 dieser Allgemeinverfügung beruht auf Art. 13 des Ausführungsgesetzes zum Vollzug des Tiergesundheitsgesetzes (BayAGTierGesG).


IV. Nach Art. 41 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 BayVwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt bei öffentlicher Bekanntmachung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann nach Art. 41 Abs. 4 Satz 4 BayVwVfG ein hiervon abweichender Tag bestimmt werden. Von dieser Vor-schrift wird Gebrauch gemacht, sodass diese Allgemeinverfügung einen Tag nach ihrer Bekanntmachung im Amtsblatt des Landkreises Ebersberg als bekannt gegeben gilt.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Klage erhoben werden bei dem

Bayerischen Verwaltungsgericht
in München,

Postfachanschrift: 20 05 43, 80005 München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München.

Hinweise zur Rechtsbehelfsbelehrung:

Die Einlegung des Rechtsbehelfs ist schriftlich, zur Niederschrift oder elektronisch in einer für den Schriftformersatz zugelassenen Form möglich. Die Einlegung eines Rechtsbehelfs per einfacher E-Mail ist nicht zugelassen und entfaltet keine rechtlichen Wirkungen!  

Ab 01.01.2022 muss der in § 55 d VwGO genannte Personenkreis Klagen grundsätzlich elektronisch einreichen.

Kraft Bundesrechts wird in Prozessverfahren vor den Verwaltungsgerichten infolge der Klageerhebung eine Verfahrensgebühr fällig.

Andreas Holzner
Oberregierungsrat